LETZTE AKTUALISIERUNG 29.12.2025
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des Dalmatiners Der 1te Rassestandard
„Obschon die Dalmatiner auf Ausstellungen gewöhnlich nur schwach vertreten sind, gibt es doch nur wenig Rassen, die mehr die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich lenken, als eben diese, was sich wohl durch die eigentümlichen Abzeichen erklären lässt. Man sieht so selten auf der Straße einen Dalmatiner mit wirklich guter Behaarung, dass die wenigen edlen Exemplare, die bei Ausstellungen erscheinen, wegen der Regelmäßigkeit und des Glanzes ihrer Farben um so mehr bewundert werden.“ Auch schon damals war der Dalmatiner im Allgemeinen eine Rarität und die wenigen guten Exemplare unter Züchtern heiß begehrt. Das erklärt auch, warum bei der Rasse bereits im 19. Jahrhundert oft Linienzucht betrieben wurde. „Der Ursprung der Rasse ist höchst schwierig festzustellen; es scheint jedoch, dass sie sich wenig seit jener Zeit verändert hat, in welcher Thomas Bewick seine Naturgeschichte schrieb.“ Thomas Bewick gilt als der Erfinder des Holzstichs. Er war nicht nur ein englischer Grafiker sondern ebenfalls ein Zoologe und ein Naturalist. Er entwarf u. A. diesen bekannten Holzstich eines Dalmatiners mit Monokel.
Viele gehen davon aus, dass der Rassestandard des Dalmatiners der FCI von 1955, der erste Rassestandard überhaupt sei. Dem ist jedoch nicht so, denn der erste, inoffizielle Rassestandard wurde von dem Kynologen Vero Shaw 1882 veröffentlicht, der wiederum 1890 in England zum offiziellen Rassestandard erklärt wurde. Erst die FCI formalisierte diesen Rassestandard 1955 und somit wurde diese „abgespeckte“ Version des Rassestandards in der ganzen Welt übernommen und als das „Non Plus Ultra“ angesehen. Leider gingen durch diese Formalisierung auch wichtige genetische Eigenschaften verloren, bzw. wurden dezimiert und unterdrückt. Auf Seite 88 des 1. Bandes der Buchreihe „Das illustrierte Buch vom Hunde“, aus dem Jahre 1882, beschreibt Vero Shaw den Dalmatiner oder „Wagenhund“. Als optische Darstellung wurde der Dalmatiner „Captain“, Eigentum des Herrn J. Fawdry präsentiert und erläutert. Die Bände sind komplett in Englisch und wurden von R. von Schmiedeberg in Frakturschrift übersetzt und mit Anmerkungen versehen.
Weiterhin schreibt Vero Shaw: „In diesem Werke gibt er nämlich eine Abbildung des Dalmatiners, welcher bei einer modernen Ausstellung sicherlich gekrönt worden wäre, und an dessen Zeichnung der strengste Preisrichter nichts auszusetzen haben würde. Diese hat in der Tat eine solche Genauigkeit und Regelmäßigkeit, das wir denken müssen, der Künstler habe seine Einbildungskraft walten lassen, um das Ideal eines Dalmatiners dazustellen: wie übertrieben jedoch das Bild auch sei, so zeigt es uns, was die Rasse in Bezug auf Regelmäßigkeit und Sauberkeit der Zeichnung sein sollte. Vero Shaw bezieht sich mit seinen Worten auf Thomas Bewick Holzstich, der zur damaligen Zeit das absolute Ideal eines Dalmatiners zeigte. Wenigen Menschen fällt auf, dass der hier abgebildete Dalmatiner keine Schlappohren hat. Hierzu schreibt Vero Shaw: „Früher pflegte man stets die Ohren des Dalmatiners zu stutzen, wie es heute bei den Bull- und englischen Terriern geschieht. In vielen Fällen wurde der ganze Ohrlappen wie zur Zeit der Möpse abgeschnitten, und so die Ohrenhöhle natürlich bloßgelegt, was oft Entzündungen und Geschwüre, und schlussendlich die Taubheit herbeiführte. Aber diese grausame und zwecklose Verstümmelung kam nach und nach außer Gebrauch, und jetzt sieht man den Dalmatiner, wie die Natur ihn gestaltet hat. Die Farbe und die Gestalt der Ohren sind bei dieser Rasse Hauptkennzeichen; infolgedessen würde ein gestutztes oder schlecht gefaltetes Ohr dem Hunde bei einer modernen Ausstellung natürlich zu großem Nachteile gereicht.“ Vero Shaw beweist eine Weitsicht, wie sie in der heutigen Zucht wieder dringend benötigt wird. So scheint es, als wäre die Taubheit im Ursprung der Rasse nicht verankert gewesen, sondern eine genetische Mutation der Ohrenverstümmelungen und der daraus resultierenden Erkrankungen, die sich durch die Verwendung von Zuchttierten mit kupierten und erkrankten Ohren in der Rasse manifestiert hat. „Das Hauptmerkmal diese Rasse ist die Zeichnung. Die Grundfarbe des Hundes ist weiß, und der Kopf, die Ohren, der Körper, die Rute und die Läufe haben kleine schwarze oder leberfarbige Flecken, die ungefähr 2-3 Zentimeter im Durchmesser haben.“ Vero Shaw beschreibt nun den Dalmatine in seinem Äußeren und hier kommen wir zum wirklich interessanten Teil seiner Beschreibung: „VIELE Exemplare haben Abzeichen von beiden Farben an der Schnauze und den Läufen, was bei manchen Preisrichtern sehr beliebt ist, da es dem Hunde ein bunteres Aussehen gibt. Eine schwarze Maske und schwarze Ohren sind häufig vorkommende Fehler; auch haben viele sonst gute Exemplare keine Flecken an der Rute, was ebenfalls tadelhaft ist.“ Vero Shaw beschreibt hier einen Tricolor-Dalmatiner. Tricolore waren im 19. Jahrhundert anscheinend keine Rarität oder wurden verpönt, sondern gehörten zum Dalmatiner dazu wie seine Flecken und waren ebenfalls begehrt und beliebt. Als bestes Beispiel wählte er den oben illustrierten „Captain“ mit den Worten: „Captain, Eigentum von Herrn J. Fawdry, wurde von uns für unsere colorierte Illustration gewählt und ist ohne Zweifel das beste Exemplar dieser Rasse. Er debütierte bei der dritten Kennel-Club-Ausstellung 1873 im Krystall-Palast unter dem Namen „Traviser“ und wurde mit dem ersten Preise gekrönt; er hat seine Stellung als der beste Dalmatiner der Gegenwart stets behauptet: bei fast jeder Ausstellung, wo er erschien, hat er den ersten Preis gewonnen.“ Für den DDV e.V. bestätigen diese Worte, mögen sie auch noch so alt sein, unsere Einstellung zur Zucht und zur genetischen Vielfalt. Tricolore gehörten schon vor 150 Jahren zur Rasse dazu, obwohl die Mehrheit der heutigen FCI-Züchter Tricolore und Langhaardalmatiner als Mischlinge bezeichnen. So zeigt es sich, dass Tricolore und die Langhaarigkeit heutzutage nicht auf dem amerikanischen Kontinent ihren Urspung haben und angeblich durch die Einkreuzung anderer Rassen etabliert wurden, sondern dass beide Erscheinungen ihren Ursprung eher in Europa haben und dann weltweit exportiert wurden (siehe „Der Langhaardalmatiner“ ). Ebenfalls wird von Vero Shaw die Abstammung von Captain, sowie eines weiteren preisgekrönten Dalmatiners aufgeführt und deren Züchter namentlich benannt. Durch den von der FCI formalisierten Rassestandard, wurden diese genetischen Merkmale aussortiert und unterdrückt aber dennoch nicht ausgemerzt. Leider hat die Tüpfelung des Dalmatiners den ursprünglichen Rassestandard kaum überlebt. Nur wenige Exemplare der heutigen Züchtungen, weisen eine klar abgegrenzte Tüpfelung auf, sodass ineinander laufende Tupfen Gang und Gebe sind. Umso bedeutender ist die Tatsache, dass im DDV derzeit zwei Zuchthunde im Einsatz sind, deren Blutlinien sich bis ins 19. Jahrhundert zurückführen lassen und die diese gewünschte Tüpfelung optisch ausprägen und auch an ihre Nachkommen weitergeben. Vielleicht wird irgendwann auch einmal die FCI einen Schritt zurück gehen, um mit der Dalmatinerzucht vorwärts zu kommen.
Quellen: Das illustrierte Buch vom Hunde von Vero Shaw